- Klarna Aktie zeichnen & kaufen: Wo & wie? IPO Anleitung - 15. März 2025
- Firstintermedia Erfahrungen: Ist das Portal seriös? - 13. März 2025
- Mandata24 Erfahrungen: Wie seriös ist das Portal? - 11. März 2025
Liebe Depotstudent-Leserschaft, heute habe ich einen spannenden Interview-Gast mitgebracht!
Robert Peres ist Vorsitzender des Vorstands der Initiative-Minderheitsaktionäre e.V. – einer gemeinnützigen Organisation zur Stärkung der Rechte von Aktionären. Er gibt uns Einblicke in die Arbeit der Initiative und zeigt auf, welche Themen und Problemstellungen aktuell besonders relevant für Aktionäre und deren Rechte sind.
… zum Beispiel, warum virtuelle Hauptversammlungen eine Gefahr für die Aktionärsdemokratie sind.
Viel Spaß mit dem Interview!
Inhalt
Sehr geehrter Herr Peres, herzlichen Dank, dass Sie sich die Zeit für das Interview nehmen! Stellen Sie sich und die Initiative Minderheitsaktionäre doch gerne kurz vor.
Ja, gerne. Die Initiative Minderheitsaktionäre gibt es seit 2016 und wurde von Privatanlegern gegründet. Ihr Ziel ist es, wieder mehr Schutzmechanismen für freie Aktionäre einzuführen. Diese sind auf dem Weg der Abschaffung! Ich selbst bin Rechtsanwalt und habe seit vielen Jahren beobachten müssen, wie die Mitwirkungsrechte von Aktionären in der Hauptversammlung vom Gesetzgeber reduziert wurden. Gesellschafts-, aktien- und kapitalmarktrechtliche Schutzmechanismen sind abgeschliffen, bzw. außer Kraft gesetzt worden. Dazu gehört beispielsweise die Anfechtungsklage, die heute keine aufschiebende Wirkung mehr entfaltet, falls sie überhaupt zugelassen wird.
Die Initiative Minderheitsaktionäre will durch öffentliche Kommunikation und im Dialog mit dem Gesetzgeber einen Beitrag dazu leisten, dass die Rechte von Minderheitsaktionären, insbesondere ihre verfassungsrechtlich garantierten Eigentumsrechte, aber auch partizipatorische Rechte, wieder stärkere Beachtung und Schutz erfahren und damit die Aktie als Vorsorge- und Anlageinstrument für breite Schichten der Bevölkerung wieder attraktiv wird. Ein gerechter Interessenausgleich am Kapitalmarkt stärkt nach unserer Auffassung zugleich die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Deutschland. Mit der Reform des Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetzes im letzten Jahr, sind kleine Verbesserungen erreicht worden. Aber es gibt noch einige Baustellen.
Mit welchen Problemen und Hindernissen sehen sich Minderheitsaktionäre und Kleinanleger aktuell besonders konfrontiert?
Es steht ja die Hauptversammlungssaison an. Viele Unternehmen sind seit 2022 zu virtuellen Hauptversammlungen übergegangen, nachdem der Gesetzgeber diese nach der Pandemie verstetigt hatte. Etwa 70 Prozent der im DAX gelisteten Firmen tun dies, erleben aber derzeit Widerstand von Aktionärsschützern und Stimmrechtsberatern wie ISS. Nach meiner Auffassung sind virtuelle HVs nichts weiter als „Vorstandsfernsehen“ und bieten keine ausreichende Möglichkeit für das Aktionariat zum Austausch mit Vorstand, Aufsichtsrat oder untereinander. Dies betrifft besonders die kleineren Anleger, denn die großen institutionellen Häuser klären vieles im Vorfeld. Mein Bespiel ist hier der Bundestag. Würden die Bürger es akzeptieren, wenn dieser nur noch online tagen würde? Wie soll das funktionieren? Virtuelle Hauptversammlungen sind eine zunehmende Bedrohung der Aktionärsdemokratie. Wir schlagen deshalb vor, eine Präsenzversammlung vorzuschreiben und gleichzeitig die Möglichkeit zu bieten, sich online dazu zu schalten. Solche Hybridformate gibt es im Konferenzbereich jetzt ständig, auch wurden sie gesetzlich für Vereine und Genossenschaften zugelassen. Im Prinzip gibt es das Gesetz auch für Aktiengesellschaften her, es wird aber sehr wenig genutzt.
Eine Forderung der Initiative lautet „Minderheitsaktionäre sollten bei Delistings wieder gemäß Macrotron-Rechtsprechung entschädigt werden.“. Im Positionspapier zur Bundestagswahl heißt es außerdem „Wir fordern deshalb eine Rückkehr zum Ertragswertprinzip“. Können Sie Ihre Forderungen etwas näher erläutern?
Seit einiger Zeit werden verstärkt deutsche Unternehmen von ausländischen Großinvestoren aufgekauft. Dabei wird versucht, die Aktienmehrheit bis zu 95 Prozent zu erreichen, um die restlichen Minderheitsaktionäre günstig über Squeeze-outs oder mit Delisting-Strategien zu entsorgen. Hier ist es wichtig, dass die zwangsweise enteigneten Aktionäre ordentlich abgefunden werden. Dazu ist es wichtig, Wertgutachten einzuholen und nicht einfach über den Börsenpreis abzufinden. Der Gesetzgeber sollte hier Pflöcke einziehen, die das Ertragswertverfahren für solche Fälle wieder verpflichtend macht, eben wie früher.
Die gesetzliche Rente steht vor großen Problemen: Ist es auch vor diesem Hintergrund besonders wichtig, dass „der kleine Anleger“ gestärkt wird und Aktien vermehrt zur Altersvorsorge genutzt werden können?
Selbstverständlich. Ohne private Vorsorge wird es in Zukunft nicht gehen und das ist am besten über Aktien und ETFs zu schaffen. Deshalb müssen Menschen frühzeitig ans Wertpapiersparen herangeführt werden. Die Rente ist eben nicht mehr „sicher“. Die Politik hat 30 Jahre lang geschlafen und ihre Bürger in einer falschen Sicherheit gewiegt.
Unsere Initiative Minderheitsaktionäre hat seit 2021 über das Marktforschungsinstitut Forsa die Deutschen nach Ihrer Meinung zur geplanten Aktienrente befragt. Dabei ergab sich eine deutliche Mehrheit für die Einführung von Elementen des Kapitalmarktes in die gesetzliche Rente und auch für die starke steuerliche Förderung der privaten Vorsorge, etwa über ein Altersvorsorgedepot im Stile des 401k-Modells der USA. Von den Vorschlägen der FDP zur Aktienrente ist nichts umgesetzt worden und die Wahlprogramme der anderen Parteien sind da sehr enttäuschend. Auf die großen gesellschaftlichen Herausforderungen der alternden Gesellschaft gibt es nach wie vor keine befriedigenden Antworten und Konzepte. Die Zukunft steht auf tönernen Füßen speziell für die jüngere Generation. Neben einer aktiven Wachstumspolitik hat daher vor allem eine grundlegende Reform der Altersvorsorge und eine spürbare Stärkung des Kapitalmarktes höchste Priorität.
Wie sieht es international aus? Können andere Staaten als Vorbilder für die Stärkung von Minderheitsaktionären gelten?
Grundsätzlich sind die Rechte besser geschützt, wenn es eine starke Aufsichtsbehörde mit weitreichenden Eingriffsmöglichkeiten gibt. Das ist beispielsweise bei der SEC in den USA der Fall, aber auch im Vereinigten Königreich, wo die Financial Conduct Authority (FCA) und der Takeover Panel die Minderheitsaktionäre vor unfairen Übernahmen und anderen Verstößen schützen. Das Recht in UK und auch in einigen skandinavischen Ländern bietet robuste Schutzmechanismen und Klagerechte, die besser zugänglich sind als bei uns. Die Fundamente der Aktionärsrechte sind aber immer eine transparente Anlegerkommunikation, hohe Standards bei der Corporate Governance sowie ein gut funktionierender kollektiver Rechtsschutz. An all diesen Dingen mangelt es in Deutschland. Auch die BaFin müsste grundsätzlich reformiert werden, wie ihr Versagen bei Wirecard gezeigt hat.
An welchen Stellen setzt die Initiative Minderheitsaktionäre an, um die gewünschten Änderungen herbeizuführen?
Die Initiative Minderheitsaktionäre betreibt eine gute öffentliche Kommunikation, um überhaupt die Themen anzusprechen. Wenn Sie uns googlen, werden sie sehr viele Pressebeiträge und Interviews finden. Gleichzeitig werden wir als Verband von den Ministerien der Justiz und der Finanzen bei bestimmten, Anleger betreffende, Gesetzesvorlagen befragt. Wir gehen zu Anhörungen in den Bundestag, wir besuchen politische Veranstaltungen und nehmen jährlich am Symposium Kapitalmarktrecht des Aktionärsforums in Frankfurt teil. Die Highlights sind die bereits erwähnte Studie im Sommer zur Aktienrente sowie ein parlamentarischer Kaminabend im Herbst in Berlin. Dazu laden wir Politiker, Verbände und Fachleute aus der Investmentbranche ein. Zuletzt hatten wir Prof. Bernd Raffelhüschen von der Uni Freiburg und Prof. Jörg Rocholl, den Präsidenten der ESMT Berlin, als Referenten zu Gast.
Welche Vorhaben sind für die Zukunft geplant? Gibt es bereits spannende Ideen und Projekte?
Eigentlich suchen wir mehr Kontakt zu jungen Anlegern und überlegen ein Format zur Finanzbildung aufzulegen. Dieses Interview mit depotstudent ist ja vielleicht ein guter Anfang? Wir sind sehr offen für Vorschläge.
Wie kann man sich engagieren und die Initiative Minderheitsaktionäre unterstützen?
Wir nehmen jederzeit interessierte Fördermitglieder auf, denen wir gerne Informationen zukommen lassen, z. B. unsere Tätigkeitsberichte und Studien.
Schreibe einen Kommentar